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Bedeutung der Kenntnisse über die besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmale (boG) für den Sachverständigen


Was sind boG? Besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale (boG) sind wertbeeinflussende Umstände des einzelnen Wertermittlungsobjekts, die erheblich vom Üblichen oder von den zugrunde gelegten Modellen abweichen und denen der Grundstücksmarkt einen eigenständigen Werteinfluss beimisst (vgl. § 8 Abs. 3 ImmoWertV).


Beispiele für boG gemäß § 8 Abs. 3 ImmoWertV:

  • Besondere Ertragsverhältnisse
  • Baumängel und Bauschäden
  • Bauliche Anlagen, die nicht mehr wirtschaftlich nutzbar sind (Liquidationsobjekte)
  • Bodenverunreinigungen
  • Bodenschätze
  • Grundstücksbezogene Rechte und Belastungen

Systematisierte Übersicht der wichtigsten boG

  1. Besondere Rechte und Belastungen
    • Wohnungs- und mietrechtliche Bindungen
      • Mehr-/Mindermieten
      • Leerstand
      • Wohnungsrecht
      • Nießbrauch
    • Sonstige Rechte und Belastungen
      • Denkmalschutz
      • Erbbaurecht
      • Dienstbarkeiten (z. B. Wegerecht)
      • Baulasten
      • Erschließungskosten/Ausbaubeiträge
  2. Zustandsbesonderheiten
    • Bauschäden und ähnliches
      • Feuchtigkeitsschäden
      • Putzschäden
      • Schädlingsbefall
      • Immissionsschäden
    • Technische Baumängel
      • Ungeeignete Baustoffe
      • Mangelhafte Bauausführung
      • Mangelhafte Konstruktion
    • Wirtschaftliche Baumängel
      • Mangelnde Raumhöhen
      • Unzeitgemäße, unwirtschaftliche Grundrisse
      • Unzureichende Belichtung
      • Ästhetische Mängel
    • Unterhaltungsbesonderheiten/Modernisierungsaufwand
      • Unterdurchschnittlicher Unterhaltungszustand (z.B. überalterte Heizung, verwitterter Putz, überalterte Badeinrichtung)
      • Überdurchschnittlicher Unterhaltungszustand (z.B. modernisierte Heizung, neu gestrichene Außenfassade und Treppenhaus, modernisiertes Bad)
  3. Abweichungen im Zustand des Bodens oder der baulichen Anlagen vom üblichen baulichen Zustand

Berücksichtigung von boG innerhalb der Wertermittlungsverfahren

Die in den Wertermittlungsverfahren angesetzten bzw. für diese abgeleiteten Bewertungsdaten (z.B. Normalherstellungskosten, Restnutzungsdauern, Sachwertfaktoren, Liegenschaftszinssätze) werden grundsätzlich für Objekte in bauschadens- und baumangelfreiem Zustand sowie mit ortsüblichen und marktüblich erzielbaren Erträgen abgeleitet. Verfahrensergebnisse, die mit diesen Daten ermittelt werden (marktangepasster vorläufiger Sach-, Ertrags- und/oder Vergleichswert), sind deshalb hinsichtlich der wertmäßigen Auswirkungen der ggf. beim Bewertungsobjekt vorhandenen boG zu korrigieren.

Im Regelfall sind die boG gemäß § 6 Abs. 2 ImmoWertV in den Wertermittlungsverfahren nach der Marktanpassung zu berücksichtigen. Die Marktanpassung erfolgt z.B. im Ertragswertverfahren durch den Liegenschaftszinssatz im vorläufigen Ertragswert und im Sachwertverfahren durch den Sachwertfaktor im vorläufigen Sachwert.

Beispiele der Berücksichtigung von boG:

  • Ungünstiger Wohnungsgrundriss
    • Beispiel: Das Bad ist nur durch das Elternschlafzimmer zu erreichen (Durchgangszimmer).
      • Regelfall: Im Sachwertverfahren als Wertabschlag in Höhe der kapitalisierten Mindermiete nach der Marktanpassung.
      • Ausnahme: Im Ertragswertverfahren durch einen Abschlag an der angesetzten marktüblich erzielbaren Miete oder der Wohnfläche des Durchgangszimmers.

Grundsätze der Berücksichtigung von boG (§ 8 Absatz 3 ImmoWertV)

Besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale werden, wenn sie nicht bereits anderweitig berücksichtigt worden sind, erst bei der Ermittlung der Verfahrenswerte durch marktübliche Zu- oder Abschläge berücksichtigt. Bei paralleler Durchführung mehrerer Wertermittlungsverfahren sind die boG, soweit möglich, in allen Verfahren identisch anzusetzen.

Marktgerechte Zu- und Abschläge

Die Werteinflüsse der boG bedürfen einer eigenen Marktanpassung und können nicht aus Vergleichspreisen abgeleitet werden. Sie müssen anhand von Modellen kaufpreisbezogen ermittelt werden, die der Denkweise der Marktteilnehmer entsprechen (z.B. Kapitalisierung von Mehr- oder Mindereinnahmen, Schätzungen der Kosten für die Schadensbeseitigung).

Transparenz und Nachvollziehbarkeit

Gutachten sollen nachvollziehbar sein. Die Wertauswirkungen der boG sollen betragsmäßig ausgewiesen und in allen Verfahren sachgemäß berücksichtigt werden. Die Ermittlung der durch boG bewirkten Werterhöhung bzw. Wertminderung sollte begründet werden, insbesondere bei Gutachten für gerichtliche Streitverfahren.

Bedeutung der Kenntnisse über boG für den Sachverständigen

Kenntnisse über boG sind für Sachverständige essenziell, um präzise und marktgerechte Wertermittlungen zu gewährleisten. Ohne diese Kenntnisse können wertbeeinflussende Faktoren übersehen werden, was zu ungenauen Bewertungen und rechtlichen Konsequenzen führt. Eine fundierte Berücksichtigung der boG erhöht die Transparenz und Nachvollziehbarkeit des Gutachtens, stärkt das Vertrauen der Auftraggeber und minimiert Haftungsrisiken, wodurch die Qualität und Glaubwürdigkeit der Bewertung gesichert werden. Der Sachverständige kann diese Kenntnisse durch die Teilnahme an Fortbildungen und Seminaren bei Fachverbänden und akademischen Institutionen erlangen. Darüber hinaus bietet der Austausch in Fachgruppen und der Besuch von Fachkonferenzen wertvolle Einblicke in aktuelle Trends und Methoden. Praktische Erfahrungen und Mentoring durch erfahrene Gutachter sind ebenfalls wichtige Quellen zur Erweiterung des Fachwissens.

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