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BGH urteilt zu fiktiven Mängelbeseitigungskosten (12.03.2021 – V ZR/19)


Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat eine weitere Entscheidung zu dem komplexen Thema der „fiktiven Mängelbeseitigungskosten“ getroffen. Im konkreten Fall hatten Erwerber einer Eigentumswohnung den Verkäufer aufgefordert, Feuchteschäden im Schlafzimmer zu beseitigen. Der Verkäufer kam dieser Aufforderung nicht nach, obwohl er dazu gemäß Kaufvertrag verpflichtet war. Daher verlangten die Erwerber rd. 12.000 EUR voraussichtliche Schadensbeseitigungskosten, um den Schaden nach Erhalt der Zahlung selbst beseitigen zu können.

Gemäß diesem Urteil bleibt der Anspruch des Käufers auf den sogenannten „kleinen Schadensersatz“ erhalten. Ein Käufer kann also weiterhin entweder den Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts oder den Ersatz der erforderlichen, voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten verlangen. Hierbei ist es nicht von Bedeutung, ob der Käufer den Mangel auch tatsächlich beseitigt.

Zur rechtlichen Vorgeschichte des Themas
Dieses BGH-Urteil ist der Abschluss einer juristischen Diskussion auf der höchsten Ebene, nämlich zwischen zwei Senaten des Bundesgerichtshofs.

Es geht hierbei um die allgemeine Frage, ob ein Erwerber einer Immobilie vom Verkäufer zwar Schadensersatz wegen vorhandener Mängel einfordern darf, aber nicht verpflichtet ist, dann die reklamierten Mängel auch zu beseitigen.

Die langjährige Rechtsprechung beider Senate hatte dies für rechtmäßig gehalten. Doch im Urteil des VII. Zivilsenats des BGH, dem sogenannten „Baurechtssenats“, (22.02.2018 – VII ZR 46/17) wurde diese Frage für das Werkvertragsrecht, also bezüglich der Ansprüche des Bestellers gegenüber dem Bauunternehmer, verneint.

In der Folge blieb es unter Baujuristen strittig, ob dieses Urteil auch auf Haftungsansprüche bei Kaufverträgen anwendbar sei. So hatte das OLG Düsseldorf (Urteil vom 15.01.2019 – 24 U 202/17) eine solche Anwendbarkeit verneint, aber eine Revision zugelassen.

Und der V. Zivilsenat des BGH, der sogenannte „Kaufrechtssenat“, stellte später (Beschluss vom 13.03.2020 – V ZR 33/19) eine Anfrage an den VII. Zivilsenat des BGH, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhalten wolle, da dessen Urteil sich auch auf das Kaufrecht auswirken würde. Dies war sozusagen ein „Wink mit dem Zaunpfahl“, dass der V. Zivilsenat erwog, den Großen Senat anzurufen, um diese wichtige Frage dort rechtsverbindlich klären zu lassen.

(gemäß § 132 Abs. 3 GVG „Eine Vorlage an den Großen Senat…ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, dass er an seiner Rechtsauffassung festhält…“)

Der V. Zivilsenat wollte sich also offensichtlich nicht der Rechtsauffassung des VII. Zivilsenats anschließen und den Anspruch von fiktiven Mängelbeseitigungskosten im Kaufrecht, gemäß seiner eigenen bisherigen Rechtsprechung, weiter beibehalten und strebte eine einheitliche Rechtsprechung der Zivilsenate zu diesem Thema an.

Bei dieser juristischen Diskussion zwischen verschiedenen Abteilungen innerhalb des höchsten deutschen Zivilgerichts, hätte es also auch zu einer Anrufung des Großen Senats (besteht aus dem Präsidenten und den Vorsitzenden der Zivilsenate) für Zivilsachen kommen können.

(gemäß § 132 Abs. 2 GVG „Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, ….“)

Tatsächlich ist es aber nicht dazu gekommen, denn der VII. Senat hatte (Urteil vom 08.10.2020 – VII ARZ 1/20) erklärt, dass er an seiner Auffassung gemäß seinem Urteil aus 2018 festhält, aber seine Begründung noch weiter präzisiert.

„… wonach der Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 Abs. 1 BGB nicht anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten ("fiktiven") Mängelbeseitigungskosten bemessen werden darf.“
und der vom V. Senat geforderte
„….Gleichlauf…der Schadensbemessung….des Werkvertrags- und des Kaufrechts….angesichts der gesetzlichen Ausgestaltung der Mängelrechte….nicht geboten.“ sei,
da „…der Gesetzgeber das Kauf- und Werkvertragsrecht nur in Teilbereich angeglichen, jedoch gerade die Mängelrechte unterschiedlich ausgestaltet hat…“
und „…eine Entscheidungserheblichkeit der gestellten Fragen für den beim V. Zivilsenat anhängigen Rechtsstreit nicht zu erkennen.“ sei.

Dem VII. Senat ist es mit seiner Klarstellung somit gelungen zu begründen, warum er weder seine Rechtsauffassung zu ändern braucht, noch die vom V. Senat befürchtete Uneinigkeit der Rechtsauffassungen vorhanden ist, weil der Umgang mit Schadensersatzansprüchen im Kauf- und Werkvertragsrecht in bestimmten Fällen unterschiedlich zu regeln ist.

Fazit
1. Durch sein aktuelles Urteil (12.03.2021 – V ZR 33/19) demonstriert der V. Senat („Kaufsenat“), dass er dem Kompromissvorschlag des VII. Senats („Bausenat“) gefolgt ist und eine Anrufung des Großen Senates somit nicht mehr notwendig ist.
2. Sobald dieses Urteil im Volltext veröffentlicht ist, wird eine detaillierte Besprechung in der i&B erfolgen.