GEG 2023 - Novelliertes Gebäudeenergiegesetz setzt kurzfristige Maßnahmen voraus
22. August 2022
Nicole Schneider
Immobilienwissen DE | Rechtliches
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- Der EH-55-Standard hinsichtlich des zulässigen Primärenergiebedarfs wird als gesetzlicher Neubaustandard verankert: Der zulässige Primärenergiebedarf des zu errichtenden Gebäudes wird dazu von bisher 75 % des Primärenergiebedarfs des Referenzgebäudes auf 55 % reduziert. Als Zwischenschritt bis zur Einführung des EH-40-Standards im Jahr 2025 soll diese Maßnahme einen Rückfall auf den bisherigen EH-75-Standard verhindern. Nachdem die EH-55-Förderung eingestellt wurde, ist der Anreiz entfallen, im Neubau durch Fortschritte bei Technologien und Materialien niedrigere Heizbedarfe sowie eine effizientere Nutzung Erneuerbarer Energien zu erreichen. Der EH-55-Standard etablierte sich in den letzten Jahren bereits als Neubaustandard. Sowohl durch eine gute Dämmung der Gebäudehülle und weiteren Maßnahmen als auch durch Einsatz von Erneuerbaren Energien für die Wärme- und Kälteversorgung oder den Anschluss an ein Wärmenetz werden die energetischen Anforderungen erreicht. Überwiegend werden in diesen Fällen keine fossilen Brennstoffe, insbesondere kein Gas, mehr eingesetzt. Der Primärenergiebedarf sinkt gegenüber dem bisher geltenden EH-75-Standard für Neubauten um über 30 %. In diesem Zuge wird auch das in Anlage 5 des GEG geregelte vereinfachte Nachweisverfahren für Wohngebäude angepasst.
- Die Anforderungen an den Jahres-Primärenergiebedarf werden auch bei Nichtwohngebäuden auf das Niveau eines Effizienzgebäudes-55 (EG-55) angepasst: Der Höchstwert des Jahresprimärenergiebedarfs für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung, Kühlung sowie eingebaute Beleuchtung darf bei einem Nichtwohngebäude das 0,55fache des Jahres-Primärenergiebedarfs eines entsprechenden Referenzgebäudes nicht überschreiten. Der EG-55-Standard wird somit bei Nichtwohngebäuden durch eine verbesserte Gebäudehülle und Heiztechnik, eine gegenüber dem Referenzgebäude optimierte Beleuchtung, die Installation von Photovoltaik, den Ansatz von Planungs- und Produktkennwerten sowie einer Reihe anderer Optimierungsmaßnahmen (z.B. Gebäudeautomation) erreicht.
- Der Primärenergiefaktor für den nicht erneuerbaren Anteil für Strom zum Betrieb von wärmenetzgebundenen Großwärmepumpen wird auf 1,2 gesenkt: Der bisherige Faktor lag bei 1,8 und führte zu einer systematischen Benachteiligung von Fernwärme aus Großwärmepumpen gegenüber der Fernwärme aus KWK-Anlagen oder Wärmeerzeugern mit fossilen Energien. Dabei wird hinzugefügt, dass die gegenüber dem fossilen Energieträger abgesenkten Primärenergiefaktoren bei Gemischen aus fossilen und biogenen Brennstoffen nur für den biogenen Anteil anzuwenden sind, und nicht für das Gemisch aus beiden Brennstoffen zusammen.
- Die Absätze 2 und 3 des § 23 GEG werden gestrichen: Bisher wurden in den beiden Paragrafen die Bewertungsverfahren für die Anrechnung von Strom aus erneuerbaren Energien vorgeschrieben. In der Praxis führten diese Vorschriften zu widersprüchlichen Ergebnissen und sollen daher aus dem Gesetz genommen werden. Auch wenn die genaue Anrechnung nicht mehr beschrieben wird, muss der Strom jedoch nach wie vor im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zu dem zu errichtenden Gebäude erzeugt werden. Davon ist auszugehen, wenn sich die Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien auf demselben Grundstück wie das zu errichtende Gebäude befindet. Eine Anrechnung innerhalb eines Quartiers ist ebenfalls dann möglich, wenn die Gebäude mit dem Gebäude, auf dessen Grundstück sich die Anlage befindet, durch ein nicht-öffentliches Verteilnetz miteinander verbunden sind.
- Für Gebäude, die der Unterbringung von geflüchteten Menschen dienen, sollen befristete Erleichterungen im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit der Vorschriften des GEG eingeführt werden: Die Erleichterungen dienen in erster Linie den ukrainischen Geflüchteten, die in aller Regel nicht unter das AsylG fallen. Es soll unter anderem verhindert werden, dass derartige Gebäude im Fall der Weiternutzung nach Ablauf der gesetzlichen Frist auch dann auf Neubaustandard nachzurüsten wären, wenn sich dadurch eine Unterbringung Geflüchteter erheblich verzögern würde.
Mit dem Gebäudeenergiegesetz wird das Ziel verfolgt, die Abhängigkeit von Energieimporten zu reduzieren und in diesem Zuge einen Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten. Dies soll durch einen sparsamen Einsatz von Gebäudeenergie und eine zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung, im Interesse des Klimaschutzes fossile Ressourcen zu ersetzen, erfolgen. Die bundesweit einheitlichen, abschließend festgelegten energetischen Standards für den Neubau im GEG gewährleisten, dass Unternehmen der Anlagentechnik, die produzierende Bauwirtschaft, Immobilienwirtschaft und das Handwerk berechenbare sowie verlässliche technische und rechtliche Rahmenbedingungen für die Produktentwicklung und die Produktion für den gesamten deutschen Markt vorfinden.
Eine Auswertung im Jahr 2026 soll zeigen, inwieweit die Anhebung des Neubaustandards dazu beiträgt, die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen.
Fazit
Eine direkte Auswirkung auf die Wertermittlung werden diese kurzfristigen Änderungen im Gebäudeenergiegesetz nicht haben. Dennoch zeigt die vorgezogene Novellierung deutlich, dass der Bereich der Erneuerbaren Energien wachsend und immer bedeutender wird. Auch in der Wertermittlung nimmt der Bereich in diesem Zuge einen zunehmenden Anteil ein, sodass man sich als Gutachter immer mit neuen Standards und rechtlichen Rahmenbedingungen vertraut machen sollte.Die aktuellsten Standards vermitteln Ihnen unserer Weiterbildung zum EnergieWert-Experten. Informationen, Termin und Anmeldung hier.