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Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung bei Gutachtenaufträgen


Die Haftung des Sachverständigen ist sehr vielfältig. So wird allgemein zwischen der Haftung privat tätiger und gerichtlicher Sachverständiger unterschieden. Daneben gibt es noch die Amtshaftung, die sogenannte „Jedermannhaftung“ und die Haftung bzw. Konsequenzen beiläufiger Fehler (z.B. Urheberrecht, Werbung/Wettbewerb, Rechtsberatung und Datenschutz). In diesem Blog geht es nur um die Haftung privat tätiger Sachverständiger.


Gewährleistungsrechte

Gemäß §§ 633 ff. BGB hat der Auftragnehmer (=Sachverständige) dem Auftraggeber das Werk (= Gutachten) frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Weist das Gutachten Mängel auf und ist das Gutachten noch nicht zu dem Zweck eingesetzt worden, zu dem es verfasst wurde, kann der Auftraggeber die Nachbesserung (Nacherfüllung) verlangen. Kommt der Sachverständige dem nicht innerhalb einer Frist nach, kann der Auftraggeber den Mangel selber beheben bzw. beheben lassen (Selbstvornahme), von dem Vertrag zurücktreten, das Honorar mindern oder (sofern ein Schaden eingetreten ist) Schadenersatz fordern. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich tatsächlich um einen Mangel handeln muss.


Haftung wegen Mangelfolgeschaden

Bleibt ein Mangel unerkannt und wird das Gutachten zu dem Zwecke eingesetzt, für das es verfasst wurde, kann es zu einem Vermögensschaden kommen.

Beispiel: Ein Objekt wird zu einem falschen (zu niedrigen) Marktwert verkauft oder vererbt.

In dem Zusammenhang ist auch folgendes zu beachten: Der Sachverständige haftet nicht nur gegenüber seinem Auftraggeber, sondern auch gegenüber Dritten, die in den Schutzbereich des Sachverständigenvertrages (auch ohne dies im Vertrag zu benennen) einbezogen sind bzw. wurden.

Beispiel: Ein Sachverständiger erstattet ein fehlerhaftet Gutachten (deutlich zu hoher Marktwert) für einen Verkäufer zum Zwecke der Veräußerung. Der Verkäufer argumentiert in dem Verkaufsprozess u.a. mit dem Gutachten und findet einen Käufer, der das Objekt zu dem in dem Gutachten ausgewiesenen Marktwert – im Vertrauen auf dessen Richtigkeit – erwirbt. Erkennt der Käufer später, dass das Gutachten falsch war und sich ein deutlich geringerer Marktwert hätte ergeben müssen, kann er den Sachverständigen auf Schadensersatz in Anspruch nehmen – zumindest solange der Anspruch nicht verjährt ist.


Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

Bei den unterschiedlichen Arten der Haftungsbegrenzung muss zwischen dem Verschuldungsmaßstab (leichte Fahrlässigkeit, grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz) unterschieden werden. Ein Haftungsausschluss ist nur bei leichter Fahrlässigkeit sowohl in den AGB (= Sachverständigenvertrag) und im Individualvertrag zulässig. Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz kann die Haftung nicht ausgeschlossen werden. Die zeitliche Haftungsbegrenzung ist bei leichter Fahrlässigkeit sowohl in den AGB als auch im Individualvertrag auf ein Jahr beschränkbar, das Verschieben des Verjährungsbeginns ist nur über einen Individualvertrag möglich. Bei grober Fahrlässigkeit ist die zeitliche Haftungsbegrenzung auf ein Jahr über AGB unzulässig, über einen Individualvertrag aber möglich – zumindest für nicht öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige. Bei Vorsatz kann die zeitliche Haftungsbegrenzung nicht abgekürzt werden. Die summenmäßige Haftungsbegrenzung ist bei leichter Fahrlässigkeit sowohl in den AGB als auch im Individualvertrag zulässig. Bei grober Fahrlässigkeit ist die summenmäßige Haftungsbegrenzung über AGB unzulässig, über einen Individualvertrag aber möglich – zumindest für nicht öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige. Bei Vorsatz ist die summenmäßige Haftungsbegrenzung unzulässig.

Neben den drei genannten Haftungsbegrenzungsmöglichkeiten sind zudem inhaltliche Haftungsbeschränkungen entsprechend den Maßgaben des Gutachtenauftrags – d.h. im Sachverständigenvertrag – möglich. Damit diese Beschränkungen auch gegenüber Dritten wirken, sind inhaltliche Einschränkungen (= Besonderheiten) des Auftrags durch Hinweise im Gutachten für jedermann kenntlich zu machen.

Beispiel: „Auftragsgemäß wird in dieser Wertermittlung die Wertbeeinflussung infolge des grundbuchlich gesicherten Wohnungsrechts nicht berücksichtigt.“

Die Haftung kann darüber hinaus reduziert werden durch Vermögensübertragung auf den Ehepartner in Verbindung mit einem Ehevertrag oder durch die Wahl einer geeigneten Gesellschaftsform (z.B. GmbH).

Jeder Sachverständige sollte zudem eine geeignete, d.h. das gesamte Leistungsspektrum des Sachverständigen abdeckende, Berufshaftpflichtversicherung im Hintergrund wissen.


Fazit

Auch wenn ein Sachverständiger so vorsichtig und genau wie möglich seinen Aufgaben nachgeht, ist die Haftung ein ständiger Begleiter des Sachverständigen. Daher sollte er sich umfassend über die Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung informieren und diese auch möglichst voll ausschöpfen.


? Unser Tipp:

Einen umfangreichen Einblick in die Thematik mit zahlreichen Beispielen zur Reduzierung der Haftung gibt der ehemalige vorsitzende Richter Prof. Jürgen Ulrich in dem Tages-Web-Seminar.