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Überarbeitete Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD)


Überarbeitete Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) 

Vorläufige Einigung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Senkung der Emissionen und des Energieverbrauchs von Gebäuden in der gesamten EU.

 

Die Europäische Union hat kürzlich wesentliche Änderungen an der EU-Gebäuderichtlinie (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD) vorgenommen.

Die Entwicklung und Verabschiedung der neuen EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) war ein Prozess, der von intensiven Diskussionen, Spannungen und einer gewissen Ungewissheit geprägt war. Insbesondere für Deutschland, dessen Immobilienbranche und Hausbesitzer mit Sorge nach Brüssel blickten, war der Verlauf dieser Richtlinienänderung von zentraler Wichtigkeit. Der Immobilienverband Deutschland (IVD) spielte in dieser Debatte eine wichtige Rolle, indem er die Interessen und Bedenken der deutschen Immobilienwirtschaft auf europäischer Ebene vertrat und aktiv auf die Gestaltung der Richtlinie Einfluss nahm.

Seit der Ankündigung der Überarbeitung der EPBD im Rahmen des europäischen Green Deals und des "Fit for 55"-Pakets standen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vor der Herausforderung, eine Balance zwischen ehrgeizigen Klimazielen und der praktischen Umsetzbarkeit im nationalen Kontext zu finden. Ursprünglich beinhalteten die Entwürfe der EPBD weitreichende und strikte Sanierungspflichten für Wohngebäude, die in der Immobilienbranche und unter Eigentümern erhebliche Besorgnis auslösten. Vor allem in Deutschland, wo der Gebäudesektor eine wesentliche Rolle im Rahmen der nationalen Klimaschutzbemühungen spielt, wurde befürchtet, dass die Vorgaben der EPBD zu einer enormen finanziellen und praktischen Belastung führen könnten. IVD-Präsident Dirk Wohltorf warnte vor den potenziellen negativen Auswirkungen der ursprünglich vorgeschlagenen Richtlinienänderungen auf die deutsche Immobilienwirtschaft und forderte eine realistischere und sozialverträglichere Herangehensweise. Dieser Appell richtete sich insbesondere an die deutschen Vertreter im EU-Rat und das Europäische Parlament, mit dem Ziel, eine Überregulierung zu vermeiden und stattdessen pragmatische Lösungen zu finden, die sowohl den Klimaschutzzielen gerecht werden als auch die Belange der Eigentümer und Mieter berücksichtigen.

Nach langen und komplexen Verhandlungen, die durch das sogenannte Trilog-Verfahren zwischen dem Europäischen Parlament, dem EU-Rat und der EU-Kommission geprägt waren, kam es schließlich am 07.12.2023 zu einer Einigung, die viele der ursprünglichen Befürchtungen entschärfte. Die endgültige Fassung der EPBD, die im Dezember 2023 erzielt wurde, stellt einen Kompromiss dar, der die dringende Notwendigkeit von Maßnahmen zur Emissionsreduktion und Energieeffizienzverbesserung in Gebäuden anerkennt, gleichzeitig aber auch die praktischen und finanziellen Herausforderungen für Eigentümer und die Bauindustrie berücksichtigt.

 

Was hat es nun auf sich mit der aktuellen Gebäuderichtlinie?
Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte.

Die überarbeitete Richtlinie enthält eine Reihe von Maßnahmen, die die EU-Mitgliedstaaten dabei unterstützen, die Energieeffizienz von Gebäuden strukturell zu verbessern. Im Mittelpunkt stehen dabei insbesondere Gebäude mit der geringsten Energieeffizienz.

Zentrales Ziel: Reduktion des Primärenergieverbrauchs
Ein zentrales Ziel der EPBD ist es, dass die EU-Mitgliedsstaaten bis 2030 eine Reduktion des durchschnittlichen Primärenergieverbrauchs ihres Wohngebäudebestands um 16 % und bis 2035 um weitere 20-22 % erreichen. Primärenergieverbrauch bezieht sich auf den Gesamtenergieverbrauch eines Gebäudes, einschließlich der Energie, die für Heizung, Kühlung, Warmwasser, Beleuchtung und alle anderen Energiebedarfe benötigt wird. Diese Zielsetzung ist bedeutsam, da der Gebäudesektor in der EU für rund 40 % des Energieverbrauchs und etwa 36 % der CO2-Emissionen verantwortlich ist.

Besonders im Fokus stehen die Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz. Diese Gebäude sind oft älter und schlecht isoliert, was zu hohem Energieverbrauch und entsprechend hohen Emissionen führt. Es wird erwartet, dass diese Gebäude mindestens 55 % der insgesamt erforderlichen Energieeinsparungen liefern. Das bedeutet, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz sich vorrangig auf diese Gebäude konzentrieren sollten.

Keine generelle Sanierungspflicht für Wohngebäude

Im Gegensatz zu früheren Vorschlägen wird es keine verpflichtende Sanierung für Wohngebäude geben. Anstelle einer einheitlichen, EU-weiten Sanierungspflicht für Wohngebäude haben die Mitgliedsstaaten nun die Freiheit, eigene Strategien und Maßnahmen zu entwickeln, die den nationalen Gegebenheiten und Besonderheiten besser entsprechen. Diese Flexibilität ermöglicht eine maßgeschneiderte Herangehensweise, die lokale Faktoren wie Klima, bestehenden Gebäudebestand, wirtschaftliche Bedingungen und verfügbare Ressourcen berücksichtigt. Trotz des Fehlens einer EU-weiten Sanierungspflicht bleibt das Ziel, den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen im Wohngebäudebereich zu reduzieren, bestehen. Die Mitgliedsstaaten werden daher angehalten, wirksame Strategien zu entwickeln, um ihren Beitrag zum Erreichen der EU-Klimaziele zu leisten.

Strenge Anforderungen für Nichtwohngebäude

Bis zum Jahr 2030 müssen die Mitgliedsstaaten sicherstellen, dass mindestens 16 % der Nichtwohngebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz saniert und verbessert werden. Bis 2033 erhöht sich dieser Anteil auf 26 %. Diese Vorgaben sind deutlich strenger als die für Wohngebäude und zielen darauf ab, eine signifikante Verbesserung der Energieeffizienz in diesem Sektor zu erreichen.

Ausstieg aus fossilen Heizungen

Bis zum Jahr 2040 soll die Nutzung fossiler Brennstoffe zur Beheizung von Gebäuden in der gesamten Europäischen Union eingestellt werden. Diese ehrgeizige Zielsetzung reflektiert das Bestreben der EU, die CO2-Emissionen drastisch zu reduzieren und den Übergang zu erneuerbaren Energiequellen zu beschleunigen. Ab 2025 wird es in der EU keine Förderung mehr für neue Installationen fossiler Heizsysteme geben. Dieser Schritt soll den Umstieg auf umweltfreundlichere Heizmethoden fördern und ist Teil des umfassenderen Ansatzes der EU, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Deutschland hat bereits eigene Regelungen getroffen, die den Ausstieg aus fossilen Heizungen vorantreiben. Diese nationalen Regelungen sind oft noch spezifischer und können strengere oder schnellere Zeitpläne für den Umstieg auf nachhaltige Heizsysteme vorsehen.

Solarnutzung und Null-Emissions-Gebäude

Neue Gebäude sollen ab 2030 als „Zero-Emission buildings“ gebaut werden, d.h. sie dürfen keine Emissionen aus fossilen Brennstoffen mehr aufweisen. Öffentliche Gebäude müssen diesen Standard bereits ab 2028 erfüllen. Zudem soll die Installation von Solaranlagen auf Neubauten und öffentlichen Gebäuden gefördert werden. Die EPBD sieht vor, dass neue Gebäude so konzipiert werden müssen, dass sie sich für die Installation von Solaranlagen eignen. Dies umfasst sowohl Fotovoltaik- (Stromerzeugung) als auch Solarthermieanlagen (Wärmeerzeugung). Ab 2027 sollen auf öffentlichen Gebäuden schrittweise Solaranlagen installiert werden, sofern dies technisch, wirtschaftlich und funktionell machbar ist.

Nationale Flexibilität und Maßnahmen gegen Energiearmut

Die Mitgliedstaaten können nationale Besonderheiten berücksichtigen und eigene Maßnahmen festlegen, um die Vorgaben zu erfüllen. Die EPBD erkennt damit an, dass die Mitgliedsstaaten unterschiedliche Ausgangsbedingungen haben, beispielsweise hinsichtlich Klima, Wirtschaft und vorhandenem Gebäudebestand. Daher haben die Staaten die Freiheit, eigene Strategien und Maßnahmen zu entwickeln, um die Energieeffizienzziele zu erreichen. Jeder Mitgliedstaat legt seinen eigenen nationalen Zielpfad fest, um den durchschnittlichen Primärenergieverbrauch zu senken. Dies ermöglicht es den Staaten, realistische und machbare Ziele basierend auf ihren spezifischen nationalen Gegebenheiten festzulegen. Außerdem sind Vorkehrungen zum Schutz von Mietern und zur Vermeidung von Energiearmut vorgesehen. Energiearmut tritt auf, wenn Haushalte Schwierigkeiten haben, ihre Wohnungen angemessen warm oder kühl zu halten und ihre Energierechnungen zu bezahlen. Dies betrifft oft Haushalte in schlecht isolierten Wohnungen mit ineffizienten Heizsystemen. Die Richtlinie betont die Notwendigkeit, schutzbedürftige und einkommensschwache Haushalte zu berücksichtigen. Maßnahmen gegen Energiearmut sollen sicherstellen, dass die Energiekosten nicht zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung für diese Haushalte werden.

Diese Änderungen sind Teil des umfassenderen "Fit for 55"-Pakets der EU und des European Green Deals, die darauf abzielen, die Netto-Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 um mindestens 55 % zu senken und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen.

 

Daraus folgernd: Auswirkungen für unsere Akteure in der Immobilienbranche

Immobilienmakler müssen sich auf veränderte Marktdynamiken einstellen, da Gebäude mit hoher Energieeffizienz zunehmend gefragt sein werden. Darüber hinaus können sie eine Diversifizierung des Marktes erwarten, da einige Länder möglicherweise Anreize für die Sanierung von Gebäuden schaffen, während andere sich auf alternative Maßnahmen konzentrieren könnten. Sie sollten sich daher mit den energetischen Eigenschaften von Gebäuden vertraut machen und tieferes Verständnis der nationalen und regionalen Vorschriften und Förderprogramme entwickeln, um potenzielle Käufer angemessen beraten zu können.

Hausverwalter stehen vor der Aufgabe, Modernisierungsprojekte zu planen und umzusetzen, um die Energieeffizienz in den verwalteten Immobilien zu verbessern. Dies umfasst Maßnahmen wie Dämmung, Austausch alter Heizsysteme und möglicherweise die Installation von erneuerbaren Energiequellen. Sie müssen sich auf unterschiedliche Anforderungen und Möglichkeiten je nach Standort der verwalteten Immobilien einstellen. Sie sollten sich mit den spezifischen Vorgaben und Fördermöglichkeiten in ihrem jeweiligen Land vertraut machen, um Eigentümern effektiv beraten und unterstützen zu können.

Sachverständige werden eine Schlüsselrolle in der Bewertung des energetischen Zustands von Gebäuden spielen. Sie müssen in der Lage sein, präzise Energieaudits durchzuführen und Empfehlungen für effiziente Sanierungsmaßnahmen zu geben. Sie müssen sich auf eine Vielzahl von Veränderungen bei nationalen Standards und Vorschriften einstellen. Ihre Expertise wird zunehmend gefragt sein, um Eigentümern dabei zu helfen, die besten Optionen zur Steigerung der Energieeffizienz ihrer Immobilien zu bewerten, insbesondere in Ländern, die aktiv Sanierungsmaßnahmen fördern.

Eigentümer müssen sich auf potenzielle Investitionen in ihre Immobilien einstellen, um die Energieeffizienz zu verbessern. Dies kann sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance darstellen, da effizientere Gebäude langfristig niedrigere Betriebskosten und einen höheren Marktwert haben können.

 

Die Neufassung der EPBD stellt einen wichtigen Schritt in Richtung eines klimaneutralen Gebäudebestands in der EU dar und wird die Art und Weise, wie Gebäude gebaut, saniert und genutzt werden, grundlegend verändern.

 

Quellen:

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_6423

https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/european-green-deal_de

https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-energievorhaben-gebaeude-g100.html#:~:text=Die%20Reform%20der%20sogenannten%20Geb%C3%A4uderichtlinie,au%C3%9Ferdem%20bis%202050%20klimaneutral%20sein.

https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2023-0068_DE.pdf

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/eu-klimaschutz-gebaeude-privathaeuser-sanierungspflicht-1.6316279