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Überblick über die abweichenden landesrechtlichen Regelungen zur Grundsteuer


Im November 2019 wurden gleich drei Gesetze in einem Gesetzespaket zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsgesetzes verabschiedet. Im konzeptionellen Leitgedanken des Bundesgesetzgebers war eine enge Anlehnung an das bestehende Bewertungs- und Grundsteuersystem grundlegend manifestiert. Noch befinden wir uns in der Umsetzungsphase bis zum Kalenderjahr 2024, in der die vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Regelungen der Einheitsbewertung weiterhin gelten.


Das bundeseinheitliche Modell

Neben der Grundstücks-, Wohn- und Nutzfläche sind in der Einheitsbewertung des Bundes weitere Daten zur Ermittlung der Grundsteuer erforderlich: Während der Grundsteuerwert für unbebaute Grundstücke gemäß § 247 Abs. 1 BewG durch die Multiplikation ihrer Fläche mit dem jeweiligen Bodenrichtwert i. S. d. § 196 BauGB ermittelt wird, ist die Bewertung bebauter Grundstücke in Abhängigkeit von der Grundstücksart in einem typisierten Ertrags- oder Sachwertverfahren inklusive Hinzuziehung der für die Wertermittlung erforderlichen Daten durchzuführen.

Im reformierten Bewertungsrecht wurden die Vorschriften für die sogenannten Sonderfälle (Erbbaurechtsfälle sowie Fälle mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden) aus Vereinfachungs- und Automatisierungsgründen im Vergleich zur Einheitsbewertung stark typisiert. Auch die Bewertung der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sind gemäß §§ 232 - 242 BewG gesondert mit dem Ertragswert auf Grundlage der Ertragsfähigkeit i. S. d. § 236 Abs. 2 BewG zu ermitteln.


Das Gesetzespaket zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsgesetzes

  1. Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 72, 105 und 125b GG) vom 15.11.2019 (BGBl. I S. 1546) wurde das Grundsteuer-Reformgesetz grundsätzlich abgesichert und Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Grundsteuer ausgeräumt. Durch eine Änderung im Artikel 105 Abs. 2 GG wurde die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Grundsteuer auf den Bund übertragen, ohne dass für deren Ausübung die Voraussetzungen des Artikel 72 Abs. 2 GG die Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung vorliegen müssen.

  2. Im Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Grundsteuer-Reformgesetz - GrStRefG) vom 26.11.2019 (BGBL. I S. 1794) wurden die Vorgaben aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10.04.2018 (1 BvL 11/14) im Grundsteuer- und Bewertungsgesetz und in weiteren damit zusammenhängenden Vorschriften umgesetzt.

  3. Durch das Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung vom 30.11.2019 (BGBl I, S. 187) wurde nach § 25 Abs. 4 und 5 GrStG den Gemeinden die Möglichkeit eingeräumt, für Kalenderjahre ab 2025 aus städtebaulichen Gründen baureife Grundstücke als besondere Grundstücksgruppe innerhalb der unbebauten Grundstücksgruppe i. S. d. § 246 des Bewertungsgesetzes zu bestimmen und einen entsprechend höheren Hebesatz festzusetzen. Diese sogenannte „Grundsteuer C“ bietet den Gemeinden die Möglichkeit, steuerliche Anreize bei der Grundsteuer zu setzen, um baureife unbebaute Grundstücke aus städtebaulichen Gründen für eine Bebauung zu mobilisieren sowie Grundstücksspekulationen entgegenzuwirken.


Einführung der Länderöffnungsklausel

In Artikel 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG wurde den Ländern für die Grundsteuer das Recht zu abweichenden landesrechtlichen Regelungen eingeräumt. Diese Länderöffnungsklausel schneidet in das Grundsteuer- und Bewertungsrecht gravierend ein. Einige Bundesländer machten - zumindest teilweise - von dieser Befugnis bereits Gebrauch.

Im Bereich der sogenannten „Grundsteuer A“ (Regelungen zur Bewertung der wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, den Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und der darauf aufbauenden Steuermesszahl) wurde das Bundesmodell bislang von allen Bundesländern übernommen bzw. beabsichtigt kein Land, wesentlich von der Einheitsbewertung abzuweichen.

Hinsichtlich der landesrechtlichen Abweichungen lassen sich im Bereich der sogenannten „Grundsteuer B“ (Regelungen zur Bewertung der wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens, den Grundstücken und der darauf aufbauenden Steuermesszahlen) verschiedene Modellarten und je nach Bundesland abweichende landesrechtliche Regelungen unterscheiden:


Landesrechtliche Regelungen im Überblick

Bundesland Modell
Abweichende landesrechtliche Regelungen


Baden-Württemberg Bodenwertmodell
  • Grundsteuerwert für die Grundstücke (Bodenwert) ermittelt sich gem. § 38 Abs. 1 LGrStG durch Multiplikation ihrer Fläche des Grund und Bodens mit dem jeweiligen Bodenrichtwert gem. § 196 BauGB

  • Die auf dem Grundsteuerwert von Grundstücken aufbauende Steuermesszahl beträgt nach § 40 Abs. 2 LGrStG grundsätzlich 1,30 ‰
Bayern Reines Flächenmodell (Basismodell für die aufbauenden Flächenmodelle von Hessen, Niedersachsen und Hamburg)
  • Grundsteuerliche Bemessungsgrundlage durch Multiplikation der Grundstücks- und ggf. Gebäudeflächen mit landesrechtlich festgelegten sogenannten Äquivalenzzahlen (für Gebäudeflächen stets 0,50 €/m² und für Grundstücksflächen grundsätzlich 0,04 €/m² - Verringerung bei übergroßen Grundstücken

  • Steuermessbetrag durch Multiplikation der Äquivalenzbeiträge mit der Steuermesszahl in Höhe von 1,0 (100 % - teilweise Ermäßigung der Steuermesszahl für Flächen, die der Wohnnutzung dienen (um 30 %) und bei enger räumlicher Verbindung mit dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, bei Baudenkmalen und bei nach § 15 Abs. 2 bis 4 GrStG begünstigten Flächen für den sozialen Wohnungsbau)
Hamburg Wohnlagenmodell
  • Reines Flächenmodell mit Begünstigung der Steuermesszahl von 30 % für Flächen, die zu Wohnzwecken genutzt werden

  • Normale Wohnlagen werden zusätzlich mit einer Begünstigung von 25 % zusätzlich begünstigt (Orientierung am Hamburger Wohnlagenverzeichnis

  • Die Steuermesszahl für Grund und Boden und bei Nichtwohnnutzung liegt bei 1,0 (100 %)
Hessen 
Niedersachsen
Flächen-Faktor-Modell
  • Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach Basismodell (reines Flächenmodell)

  • Erweiterung um einen Lagefaktor, der sich aus dem Verhältnis des Bodenrichtwerts der Bodenrichtwertzone des zu bewertenden Grundstücks zum durchschnittlichen Bodenwert der Gemeinde ermittelt und mithilfe eines Exponenten von 0,3 gedämpft wird
Saarland

Abweichung bei den Steuermesszahlen (Grundvermögen)
  • Beabsichtigung, im Rahmen der Besteuerung des Grundvermögens bei der Festlegung landesspezifischer Steuermesszahlen eine Differenzierung nach Grundstücksarten vorzunehmen
   
Sachsen
  • Festgelegte Steuermesszahl in Höhe von 0,36 ‰ für unbebaute Grundstücke sowie Wohngrundstücke (Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum)

  • Festgelegte Steuermesszahl in Höhe von 0,72 ‰ für Nichtwohngrundstücke




? Fazit

Nachdem der Gesetzgeber der Verpflichtung zur Neuregelung der Grundsteuer innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht bis Ende 2019 gesetzten Frist nachgekommen ist, scheint sich in der aktuellen Umsetzungsphase bis 2024 in den Bundesländern hinsichtlich abweichender landesrechtlicher Regelungen noch einiges zu tun. Zum Gelingen der gesamten Reform sind auch die Gutachterausschüsse aufgefordert worden, ihren Beitrag durch eine flächendeckende Ermittlung der Bodenrichtwerte auf den 01.01.2022 beizutragen. Darüber hinaus sind die Gemeinden angehalten, auf Grundlage der neuen Grundsteuerwerte und der darauf aufbauenden Grundsteuermessbeträge Hebesätze i. S. d. Herstellung der Aufkommensneutralität zu bestimmen und der Festsetzung der Grundsteuer ab 2025 zugrunde zu legen. Bis zur endgültig abgeschlossenen Reform Ende 2024 / Anfang 2025 wird es wohl noch weitere Entwicklungen - wie die aktuelle in Bayern - geben.

Während die erläuterten Bundesländer einen Sonderweg mittels eigenem Gesetz anstreben, halten Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen am Bundesgesetz zur Grundsteuerreform mit der Einheitsbewertung fest. Rheinland-Pfalz ist weiterhin in Verhandlungen, da es nach den bisherigen Vorschlägen für ein eigenes Gesetz noch zu keiner Einigung kam. Welches der Modelle die richtige Bewertungsmethode darstellt, bleibt also umstritten.

Eine detaillierte Auseinandersetzung zu diesem Thema finden Sie in den ausführlichen Beiträgen von Herrn Michael Roscher in der i&b 2/2020, 4/2020 sowie 3/2021. Alle Beiträge aus der i&b können Sie im i&b only Abo abrufen. Oder im Books Pro Abo inkl. der kompletten Mediathek unserer Fachliteratur. 


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