Warum der Vermieteranteil der CO2-Abgabe in der Marktwertermittlung nicht als Teil der Bewirtschaftungskosten anzusetzen ist
Immobilienwissen DE Marktwertermittlung
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Die Marktwertermittlung von Immobilien erfolgt im Ertragswertverfahren auf der Grundlage der Vorschriften der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV). Ein wesentliches Element dieses Verfahrens ist die Berechnung des jährlichen Reinertrags, der sich aus dem jährlichen Rohertrag abzüglich der Bewirtschaftungskosten ergibt (§ 31 Abs. 1 ImmoWertV).
Definition der Bewirtschaftungskosten
Gemäß § 32 Abs. 1 ImmoWertV umfassen die Bewirtschaftungskosten folgende Positionen:
- Verwaltungskosten,
- Instandhaltungskosten,
- Mietausfallwagnis,
- Betriebskosten im Sinne des § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Die vermieterseitig anfallenden CO2-Kosten stellen nicht umlagefähige Betriebskosten im Sinne von § 32 Abs. 1 Nr. 4 ImmoWertV dar. Ihre Behandlung in der Marktwertermittlung wirft jedoch methodische Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Modellkonformität (§ 10 ImmoWertV).
Warum die CO2-Abgabe nicht Teil der Bewirtschaftungskosten ist
Die Liegenschaftszinssätze, die zur Kapitalisierung des Reinertrags verwendet werden, basieren auf der Analyse geeigneter Kaufpreise und der ihnen zugeordneten Reinerträge. Bei der Ableitung dieser Liegenschaftszinssätze werden Pauschalen für Bewirtschaftungskosten angesetzt, wie sie in der Anlage 3 der ImmoWertV vorgegeben sind. Diese Modellansätze berücksichtigen die CO2-Abgabe nicht explizit.
Würden die vermieterseitig anfallenden CO2-Kosten in der Marktwertermittlung als Teil der Bewirtschaftungskosten angesetzt, würde dies zu einer methodischen Inkonsistenz führen, da die zugrunde liegenden Liegenschaftszinssätze ohne diese Kosten ermittelt wurden. Gemäß dem Grundsatz der Modellkonformität dürfen in der Marktwertermittlung nur solche Modellansätze im Ertragswertverfahren verwendet werden, die mit den abgeleiteten Liegenschaftszinssätzen übereinstimmen.
Gefahr der Doppelberücksichtigung der CO2-Abgabe
Die Nichtberücksichtigung der CO2-Abgabe als Teil der Bewirtschaftungskosten hat direkte Auswirkungen auf die Liegenschaftszinssätze. Diese Zinssätze spiegeln nämlich das durchschnittliche Verhältnis von Reinertrag zu Kaufpreis wider. Falls die CO2-Abgaben negative Einflüsse auf die Kaufpreise haben, führt dies zu erhöhten Liegenschaftszinssätzen. Die Erhöhung der Zinssätze reduziert wiederum die Marktwerte im Ertragswertverfahren.
Ein Ansatz der CO2-Kosten als Teil der Bewirtschaftungskosten würde somit zu einer Doppelberücksichtigung führen. Erstens würden diese Kosten direkt in die Reinertragsberechnung einfließen, und zweitens würden sie über die Liegenschaftszinssätze bereits indirekt in die Bewertung eingehen. Dies wäre methodisch inkorrekt und würde zu einer Überbewertung des Einflusses der CO2-Abgabe auf den Marktwert führen.
Besonderheiten bei untypischem energetischem Zustand
Falls der energetische Zustand des Bewertungsobjekts erheblich vom typischen Zustand vergleichbarer Objekte mit ähnlicher Restnutzungsdauer abweicht, können die CO2-Abgaben unter Umständen als besonderes objektspezifisches Grundstücksmerkmal (boG) berücksichtigt werden. Jedoch nur in der Höhe, wie sich die Abweichung vom typischen bereits durch den Liegenschaftszinssatz berücksichtigten Zustand auf den Wert auswirkt. Aufgrund der meist geringen Wertauswirkung der CO2-Abgabe (oft weniger als 1 %) dürfte dies in der Praxis selten erforderlich sein.
Fazit
Die Berücksichtigung der vermieterseitig anfallenden CO2-Abgabe als Teil der Bewirtschaftungskosten widerspricht in der Marktwertermittlung dem Grundsatz der Modellkonformität und führt zu einer Doppelberücksichtigung im Ertragswertverfahren. Die Auswirkungen der CO2-Abgabe sind im Regelfall über die Liegenschaftszinssätze bereits in den Marktwerten enthalten.
Weiterlesen
In unserem Fachbeitrag „Berücksichtigung der CO2-Abgabe im Ertragswertverfahren“ in der i&b erfahren Sie, wie der Vermieteranteil der CO2-Kosten bestimmt wird und wie diese Kosten in der Markt- und Beleihungswertermittlung berücksichtigt werden können. Hier zeigen die Autoren Jochem Kierig und Sabrina Buchholz praxisnahe Lösungsansätze auf.