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Wettbewerbsrecht: „Immobilienbewertung in 3 Minuten“ wettbewerbswidrig?


Das LG Bremen hat geurteilt, dass die Werbung mit „Was ist mein Haus wert? – In 3 Minuten berechnen“ irreführend sei, wenn dem Nutzer nach Eingabe der Daten nicht unmittelbar ein Immobilienwert genannt werde. 

Wie die Wettbewerbszentrale in „Der Wettbewerb: Aus der Praxis – für die Praxis 03/2023“ mitteilt, hat das LG Bremen mit Urteil vom 20.07.2022 – 12 O 346/21 entschieden, dass die oben genannte Werbeaussage wettbewerbswidrig sei, sofern der Immobilienwert nicht unmittelbar nach Eingabe der relevanten Daten genannt werde. Die Zeit für die Eingabe der Daten durch den (durchschnittlichen) Nutzer inkl. Berechnung und letztendliche Darstellung des Immobilienwertes darf dabei die beworbene Zeit (hier: 3 Minuten) nicht überschreiten. 

 

Der Sachverhalt 

Von der Beklagten wurde eine Google-Anzeige geschaltet, in der es u.a. hieß: „Was ist mein Haus wert? – In 3 Minuten berechnen“. Bei Klick auf die Anzeige kam der Nutzer auf die Landingpage der Beklagten, wo er durch einen Fragenkatalog zu dem zu bewertenden Objekt geleitet wurde. Es wurden u.a. die Art, Größe, Zustand, Ausstattung etc. des Objektes abgefragt. Am Ende des Fragenkatalogs wurde die Berechnung des Wertes visuell dargestellt. Anschließend wurde dem Nutzer mitgeteilt, dass eine Verkaufsempfehlung erstellt worden sei und er die Kontaktdaten derjenigen Person angeben solle, die die kostenlose Verkaufsempfehlung übermittelt bekomme. Nach Eingabe dieser Daten wurde dem Nutzer mitgeteilt, dass die Anfrage an „drei passende Fachbetriebe“ weitergeleitet werde und man „in Kürze“ ein Angebot erhalten würde. 

Der Kläger mahnte die Beklagte mit der Forderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab, was jedoch nicht erfolgte. 

 

Der Kläger ist der Ansicht, dass der Ablauf der Bewertung den Erwartungen der angesprochenen Zielgruppe (hier: Verbraucher) widerspreche. Die Werbeaussage erwecke den Eindruck, dass der Wert der betreffenden Immobilie unmittelbar nach Eingabe der abgefragten Daten – ohne weitere Zwischenschritte – mitgeteilt werden würde. Da dies nicht der Fall sei, liege ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UWG vor. Die Werbung habe alleine das Ziel, dass Interessierte – mit der Erwartung, hier eine besonders schnelle und einfache Auskunft zu erhalten – der Beklagten erste Daten zu den betreffenden Immobilien und ihre Kontaktdaten übermitteln, um mit den Interessierten als potenzielle Kunden in Kontakt zu treten. 

 

Die Beklagte ist der Meinung, dass die von ihr vorgenommene Leadgenerierung im Online-Marketing sehr weit verbreitet und bei dem Verbraucher längst bekannt sei. Der Verbraucher erkenne auch, dass es sich bei dem Angebot der Wertberechnung um ein gängiges Leadprodukt handele, da es unzählige entsprechende Angebote anderer Anbieter im Bereich der Immobilienbewertung gebe. 

Die Beklagte ist der Ansicht, dass eine irreführende geschäftliche Handlung der Beklagten nicht vorliege. Der Wortlaut der streitgegenständlichen Werbeangabe besage bereits, dass der Wert in drei Minuten berechnet und nicht etwa „erhalten“ werde. Ein Angebot erhalte der Interessent erst nach Angabe der Kontaktdaten. 

 

Die Gründe 

Nach § 5 Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Ziffer 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung enthält. 

Bei der Prüfung, ob eine Irreführung vorliegt, komme es nicht auf den objektiven Wortsinn und nicht darauf an, wie der Werbende selbst seine Aussage über die gewerbliche Leistung verstanden haben will. Entscheidend sei die Auffassung der Zielgruppe, an die sich die Werbung richtet. Die Werbung richte sich an den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der den Wert seines Grundstücks aus unterschiedlichen Gründen, etwa dem späteren Verkauf oder aber auch aus einem allgemeinen oder anderweitigen Interesse, bewertet haben möchte. Diese Zielgruppe verstehe die Aussage „Was ist mein Haus wert? – In 3 Minuten berechnen“ so, dass in drei Minuten ein aktueller Marktwert der Immobilie genannt wird, auch wenn es sich nur um eine erste oberflächliche Information handelt – und zwar unter Einschluss der Zeit, die der Verbraucher für die Eingabe der betreffenden Daten benötigt. 

Es könne nicht angenommen werden, dass der durchschnittliche Verbraucher aufgrund der Werbeanzeige davon ausgeht, dass er eine Bewertung nicht sogleich erhält, sondern erst zu einer ihm unbekannten Zeit durch Dritte. Selbstverständlich ginge der Verbraucher davon aus, dass er nach drei Minuten auch eine Bewertung erhält. Dafür spreche im Übrigen auch die weitere Gestaltung der Webseite der Beklagten, nach der dem Verbraucher nach Eingabe der Informationen mitgeteilt wird, dass die Verkaufsempfehlung erstellt wird und gefragt wird, wer sie erhalten soll. Damit werde nochmals suggeriert, dass der Verbraucher die Bewertung sogleich erhalte, und nicht, dass die Daten an drei passende Fachbetriebe weitergeleitet werden, die sich „in Kürze“ mit einem Angebot an den Nutzer wenden. Damit liege eine Irreführung vor, weil der Verbraucher tatsächlich eine Bewertung nicht sogleich von der Beklagten, sondern erst später zu einer unbekannten Zeit von Dritten erhält. 

Die zum Vergleich angeführten Anbieter verwiesen zum Teil den Verbraucher unmittelbar darauf, dass das Ergebnis der Bewertung nicht sofort mitgeteilt werde, und zum anderen führe allein der Umstand, dass auch andere Marktteilnehmer in irreführender Weise werben, nicht dazu, dass keine Irreführung vorliege. 

Die Werbeaussage sei zudem geeignet, den Nutzer zu einer Entscheidung zu veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Die Schnelligkeit einer Dienstleistung sei ein für die Auswahl relevanter Faktor, da sich der Verbraucher eher eine Bewertung in drei Minuten durchführen lasse, als sich auf eine unbestimmte Zeitspanne einzulassen. 

 

 

💡 Fazit 

Bei geschäftlichen Handlungen – worunter auch Werbeanzeigen fallen – müssen die Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) beachtet werden. Bei Nichtbeachtung drohen Abmahnungen und ggf. sogar Schadenersatzforderungen. Die werbliche Aussage „Was ist mein Haus wert? – In 3 Minuten berechnen“ ist in dem vom LG Bremen behandelten Fall als irreführend angesehen worden (und verstößt damit gegen das UWG), da dem Nutzer (Verbraucher) entgegen der allgemeinen Erwartung kein Immobilienwert nach drei Minuten mitgeteilt wurde, sondern erst einige Tage nach Eingabe der Daten. Die werbliche Aussage wäre nicht irreführend, wenn der Nutzer nach Eingabe der Daten (inkl. Kontaktdaten) auch unmittelbar den Immobilienwert genannt oder zugeschickt bekommen hätte.