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Wettbewerbsrecht: Trennungsgebot bei öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen


Das LG Regensburg hat entschieden, dass die Werbung von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen durch den Bestellungstenor und das Trennungsgebot begrenzt werden könne. 

Wie die Wettbewerbszentrale auf Ihrer Internetseite mitteilt, habe sie erfolgreich die von einem Sachverständigen verwendeten Werbeaussagen als unlauter, irreführend und gegen spezielle Regelungen der Sachverständigenordnung der Bestellungskörperschaft verstoßend beanstandet (Urteil vom 23.01.2023 – 2 HK O 808/22, nicht rechtskräftig). U.a. sei gegen das in § 18 Abs. 3 SVO HWK normierte Trennungsgebot verstoßen worden, indem auf ein und derselben Homepage für die gewerbliche Tätigkeit und die als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger geworben wurde. 

 

Der Sachverhalt 

Der Beklagte ist ein von einer Handwerkskammer öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das „Installateur- und Heizungsbauerhandwerk, Teilgebiet: Zentralheizungs- und Lüftungsbau“. Er bewarb auf seiner Homepage und in seiner E-Mail-Signatur sein (auch gewerbliches) Leistungsspektrum im Zusammenhang mit eben dem (teilweise auch unvollständigen) Bestellungstenor. 

Dies beanstandete die Wettbewerbszentrale als unlauter, irreführend und gegen spezielle Regelungen der Sachverständigenordnung verstoßend (§ 3a, 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 UWG, §§ 13 und 18 SVO HWK). 

 

Die Entscheidung 

Wie die Wettbewerbszentrale mitteilt, habe das Gericht die Regelungen der Sachverständigenordnung als gesetzliche Vorschriften gemäß § 3a UWG bewertet, da diese auch dazu bestimmt seien, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln und es sich nicht um bloße Ordnungsvorschriften handele. Zudem führte das Gericht aus, dass die SVO auch als Satzung gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 GewO zu qualifizieren sei und damit unter die gesetzlichen Vorschriften im Sinne des § 3a UWG falle. 

Der Sachverständige verstoße sowohl gegen § 13 Abs. 1 Nr. 1 SVO HWK und begehe damit einen Rechtsbruch im Sinne des § 3a UWG, da er bei den verschiedenen Werbeaussagen nicht den exakten Bestellungstenor angegeben habe. Gleichzeitig liege darin auch eine irreführende Werbung gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 UWG. Denn der durchschnittliche Verbraucher verbinde mit der öffentlichen Bestellung eines Sachverständigen ein erhöhtes Maß an Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Sachkunde in die betreffende Person. Der Verbraucher werde und dürfe zudem erwarten, dass der Bestellte auch tatsächlich gemäß seiner Bezeichnung entsprechend bestellt sei bzw. er die Bezeichnung auch nur entsprechend seiner Bestellung führe. Das Weglassen des Bestellungsteilgebietes wecke beim Verbraucher den irrigen Eindruck, der Beklagte sei für sämtliche Tätigkeitsgebiete, die er mit dem Bestellungstenor anspreche, auch öffentlich bestellt und vereidigt. Da das tatsächlich nicht der Fall sei, liege eine irreführende Werbung vor. 

Da der Beklagte zudem auf ein und derselben Homepage für seine gewerbliche Tätigkeit und die Tätigkeit als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger wirbt, liege ein Verstoß gegen das in § 18 Abs. 3 SVO HWK normierte Trennungsgebot vor. Dieses Gebot stehe mit dem primären und dem sekundären Unionsrecht im Einklang. Denn dem Sachverständigen werde nicht jegliche Werbung untersagt oder seine Tätigkeit als solche, sondern lediglich die Werbung in angemessener Weise begrenzt. Der Verstoß gegen das Trennungsgebot stelle einen Rechtsbruch nach § 3a UWG dar. Zudem sei dieser Verstoß geeignet, die Interessen von Verbrauchern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen, da ein Verbraucher annehmen könnte, dass ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger auch im Geschäftsleben deutlich unabhängiger und unparteiischer sei als ein am Verkauf interessierter Geschäftsmann. Außerdem beeinträchtige der Verstoß gegen das Trennungsgebot die Interessen von Mitbewerbern auf demselben Gebiet, denen eine entsprechend hohe Qualifikation mangels der Angabe als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger abgesprochen werden könne, was zu einer womöglich weniger guten Marktposition führen könne. 


 

💡 Fazit 

Während der Verstoß gegen die korrekte Verwendung des Bestellungstenors in der Fachwelt unbestritten ist, wird das Thema „Trennungsgebot“ teilweise unterschiedlich gesehen. Während einige Fachautoren/Kommentatoren und Verbände der Ansicht sind, dass es das Trennungsgebot insbesondere seit Inkrafttreten der Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (DL-InfoV) faktisch nicht mehr gebe, sind andere der Meinung, dass das Trennungsgebot nach wie vor gelte. Es komme dann auf die konkrete Gestaltung der Werbung an. Einig ist man sich lediglich in dem Punkt, dass Verbraucher nicht getäuscht werden dürfen; d. h., wenn mit einer Sachverständigentätigkeit geworben wird, dann müssen auch der entsprechende Sachverstand und nachweisbare Qualifikationen vorhanden sein. Der letzte vor einem OLG verhandelte Fall stammt aus dem Jahr 2006 (OLG Naumburg, Urteil vom 03.03.2006 – 10 U 53/05). Demnach ist eine gemeinsame Internetseite mit einer sauberen Trennung der Tätigkeitsbeschreibungen nach den gegebenen Qualifikationen zulässig. In dem vom LG Regensburg behandelten Fall fehlte es eindeutig an einer sauberen Trennung der Tätigkeitsbeschreibungen. 

In dem vom LG Regensburg behandelten Fall bezog sich das Urteil auf das Trennungsgebot der Sachverständigenordnung der Kammer, d.h. auf öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige. Eine unmittelbare Übertragung auf nicht öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige ist daher nicht gegeben. Dennoch zeigt das Urteil, dass Sachverständige, die gleichzeitig eine gewerbliche Tätigkeit ausüben, in der Werbung und der Außendarstellung vorsichtig sein sollten und sich bei Unsicherheiten über ihren Berufsverband und/oder einen Fachjuristen absichern sollten.