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Daten, Regulierung und Akzeptanz: Umweltfaktoren für KI in der Immobilienbewertung


Der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Immobilienbewertung wird nicht nur von technologischen und organisatorischen Faktoren bestimmt, sondern auch maßgeblich von externen Umweltfaktoren beeinflusst. Dieser Beitrag beleuchtet die regulatorischen Rahmenbedingungen, die Bedeutung der Datenverfügbarkeit und Fragen der Marktakzeptanz.


Daten als fundamentaler Umweltfaktor

Der wichtigste externe Faktor für den erfolgreichen Einsatz von KI in der Immobilienbewertung ist die Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Daten in ausreichender Menge.


Die Datengrundlage entscheidet über Erfolg oder Misserfolg

Für alle Bewertungsmodelle gilt: Je weniger Daten zur Verfügung stehen, desto mehr muss auf subjektive Erfahrungswerte zurückgegriffen werden. In einer idealen Welt und für KI-basierte Modelle (Automated Valuation Models, AVMs) müssen umfangreiche, präzise Daten zur Verfügung stehen, auf deren Basis ein mathematisches Modell mit hoher Genauigkeit trainiert werden kann.


Besonders wichtig im Bereich der Immobilienbewertung ist dabei die Art der Daten:

  • Kaufpreisdaten: Reine Angebotsdaten reichen nicht aus – nur mit tatsächlich erzielten Kaufpreisen lassen sich verlässliche Modelle zur Marktwertschätzung trainieren. Die Verfügbarkeit von Kaufpreisdaten ist die „Ground Truth“ im Rahmen von KI-Bewertungslösungen.
  • Breite Datengrundlage: Die Daten müssen alle betrachteten Objekttypen, Lagequalitäten, Ausstattungsmerkmale und Zeiträume abdecken.
  • Aktualität: Regelmäßige, kurzfristige Aktualisierung der Daten ist essenziell, um Marktveränderungen abzubilden.

In Deutschland ist die Situation bezüglich der Datenverfügbarkeit besonders herausfordernd, da Kaufpreisdaten nicht öffentlich zugänglich sind. Erfolgreiche AVMs, wie das Sprengnetter AVM, basieren auf umfangreichen Datenbanken mit Millionen von Kaufpreisen – führende Anbieter wie Sprengnetter verfügen über etwa ein Drittel aller real erzielten Kaufpreise in Deutschland pro Jahr für das jeweils betrachtete Marktsegment.


Data Cleansing als kritischer Faktor

Neben der reinen Datenmenge ist die Datenqualität entscheidend. Der Grundsatz „Garbage in – garbage out" gilt besonders für KI-Systeme. Ein wesentlicher Teil der Entwicklungsarbeit bei KI-basierten Bewertungssystemen entfällt auf die Datenbereinigung und -aufbereitung.


Rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen

Der Einsatz von KI in der Immobilienbewertung wird maßgeblich durch regulatorische Vorgaben beeinflusst, die je nach Anwendungskontext unterschiedlich streng sind.


ImmoWertV als regulatorische Hürde

Nach der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) müssen Bewertungsverfahren transparent und nachvollziehbar sein. Diese Anforderung stellt eine erhebliche Hürde für den Einsatz vollautomatisierter Bewertungssysteme dar, da die komplexen statistischen Modelle in Teilen sog. „Black Box“ Systeme sind und daher diese Transparenz in der geforderten Form derzeit nicht bieten können.

Für vollregulierte Bereiche wie die ImmoWertV ist der alleinige Einsatz von AVMs daher aktuell nicht möglich. Stattdessen werden sie ergänzend zur Plausibilisierung eingesetzt:

  • Der Sachverständige führt die reguläre Bewertung nach ImmoWertV durch.
  • Das AVM liefert einen statistisch ermittelten Vergleichswert.
  • Der Sachverständige prüft, ob sein Ergebnis im Rahmen der statistischen Spanne liegt.

Ansätze in den CRR III

In den Capital Requirements Regulation gibt es bereits Ansätze, die den Einsatz „fortschrittlicher statistischer Modelle" unter bestimmten Voraussetzungen zulassen, etwa wenn, als ein Beispiel, entsprechende Backtesting-Verfahren und Validierungen durchgeführt werden.

Diese Öffnung könnte ein Hinweis darauf sein, wie sich die Regulierung in Zukunft entwickeln könnte – allerdings ist in den nächsten Jahren nicht mit grundlegenden Änderungen zu rechnen.


Ethische Aspekte und Bias-Vermeidung

Ein wichtiger externer Faktor für den KI-Einsatz ist die ethische Dimension, insbesondere die Vermeidung von Verzerrungen (Biases) in den Bewertungsmodellen.


Potenzielle Verzerrungen in Bewertungsmodellen

Während in anderen KI-Anwendungsbereichen wie der Bilderkennung oder Textgenerierung ethische Fragen intensiv diskutiert werden, scheint die Immobilienbewertung auf den ersten Blick weniger anfällig für problematische Verzerrungen zu sein. Dennoch können auch hier Bias-Probleme auftreten:

  • Dateneinseitigkeit: Wenn beispielsweise überwiegend Preise von Neubauten als Trainingsdaten in die Modelle einfließen, würden Bestandsimmobilien systematisch unsachgemäß, also verzerrt bewertet.
  • Regionale Verzerrungen: Ungleiche Verteilung der Trainingsdaten zwischen städtischen und ländlichen Regionen sowie innerhalb von Städten und Gemeinden kann zu systematischen Fehlbewertungen führen.

Maßnahmen zur Bias-Vermeidung

Qualitativ hochwertige KI-Bewertungsmodelle wie das Sprengnetter AVM implementieren verschiedene Maßnahmen zur Vermeidung von Biases:

  • Breite Datengrundlage: Nutzung von Daten aus verschiedenen Teilmärkten sowie regional typischen Datenpunkten.
  • Kontinuierliches Backtesting: Regelmäßige Prüfung des Modells auf Abweichungen in verschiedenen Teilmärkten und Ausprägungen, wie z.B. Objektarten, Wohnflächengruppen und Lagen.
  • Mathematische Gegensteuerung: Bei festgestellten systematischen Abweichungen wird das Modell entsprechend erweitert und adaptiert.

Marktakzeptanz von KI in der Immobilienbewertung

Die Akzeptanz von KI-basierten Bewertungsmethoden variiert stark je nach Zielgruppe und Anwendungsfall.


Unterschiedliche Akzeptanzniveaus nach Nutzergruppen

  • Endverbraucher & Marktakteure: Sehr hohe Akzeptanz, erkennbar an über 80 Millionen Aufrufen des Sprengnetter-AVMs im Jahr 2024.
  • Immobilienmakler: Hohe Akzeptanz, da AVMs schnell plausible Werte liefern, die visuell gut aufbereitet sind und in Kundengesprächen überzeugen.
  • Sachverständige: Differenziertere Haltung – Akzeptanz als Unterstützungswerkzeug zur Plausibilisierung, aber Skepsis gegenüber vollautomatischen Bewertungen im regulierten Bereich.

Faktoren für steigende Akzeptanz

Um die Akzeptanz von KI-basierten Bewertungsmethoden weiter zu fördern, sind verschiedene Maßnahmen relevant:

  • Transparente Methodik: Je besser die Funktionsweise der Modelle erklärt wird, desto höher die Akzeptanz
  • Visualisierung: Die Darstellung von Ergebnissen mit Heatmaps, Preisspannen und Vergleichsdaten erhöht das Vertrauen
  • Benchmarking: Veröffentlichung von Vergleichsdaten, die die Genauigkeit der Modelle belegen
  • Hybride Ansätze: Kombination von KI-Methoden mit klassischer Expertise statt vollständiger Automatisierung

Fazit: Die Balance zwischen Innovation und Regulierung

Der erfolgreiche Einsatz von KI in der Immobilienbewertung wird maßgeblich von der Balance zwischen technologischer Innovation und regulatorischen Anforderungen abhängen. Während die Technologie bereits weit fortgeschritten ist, stellen regulatorische Rahmenbedingungen und die Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Daten die größten externen Herausforderungen dar.

Die nahe Zukunft dürfte in hybriden Modellen liegen, bei denen KI-basierte Systeme die menschliche Expertise ergänzen, nicht ersetzen. Dies kann sowohl die Effizienz steigern als auch die Qualität der Bewertungen verbessern. Wichtig bei aller KI: Die auf KI-Bewertungen basierenden Wirtschaftsentscheidungen können weitreichende ethische Implikationen haben.

Entscheidend für eine breite Akzeptanz wird sein, die Ergebnisse KI-basierter Bewertungen verständlich zu machen und kontinuierlich Belege für ihre Zuverlässigkeit zu liefern. Mit steigender Datenverfügbarkeit und fortschreitender methodischer Entwicklung werden KI-basierte Bewertungsverfahren zunehmend an Bedeutung gewinnen.