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Die organisatorischen Aspekte des KI-Einsatzes bei der Immobilienbewertung


Wie verändert künstliche Intelligenz die Workflows in der Immobilienbewertung? Welche organisatorischen Herausforderungen entstehen und welche Potenziale ergeben sich? Dieser Beitrag gibt Einblicke in die praktischen Aspekte der KI-Implementation in der Immobilienbranche.


Von der Produktentwicklung zur KI-Implementation

Die Entwicklung KI-basierter Lösungen für die Immobilienbewertung folgt einem strukturierten Prozess, der sich jedoch von klassischen Softwareentwicklungen unterscheidet. Typischerweise beginnt der Prozess mit der Identifikation von Marktbedürfnissen. Was brauchen Kunden, was wünschen sich Nutzer, welche neuen Möglichkeiten bieten sich technologisch?


Der Daten-zentrierte Entwicklungsprozess

Im Zentrum der Entwicklung KI-basierter Bewertungssoftware stehen die Daten. Der typische Entwicklungsprozess umfasst:

  1. Identifikation der Datenquellen: Für die Immobilienbewertung werden umfangreiche, qualitativ hochwertige Daten benötigt – je mehr, desto besser. Will heißen: real erzielte Kaufpreise sind die Grundlage, Angebotspreise runden ab, soziodemografische Daten und Co. ergänzen sinnvoll.
  2. Datenbereinigung: Data Cleansing ist der zentrale und oft zeitaufwändigste Schritt im Entwicklungsprozess. Nur mit sauberen Daten können die Algorithmen sinnvolle Ergebnisse liefern. Bedeutet beispielsweise, dass Dubletten wie mehrfache Immobilienangebote herausgenommen werden müssen.
  3. Prototyp-Entwicklung: Nach der Datenaufbereitung folgt die Entwicklung eines „Proof-of-Concept"-Prototyps, der dann bei Erfolg zur Produktreife gebracht wird.

Anders als bei klassischer Software steht und fällt die Qualität KI-basierter Lösungen mit der Qualität und Quantität der verfügbaren Daten. Das ist ein Aspekt, der organisatorisch eine völlig neue Herangehensweise erfordert.


Organisatorische Herausforderungen bei der Implementation

Die Implementation von KI-Lösungen in der Immobilienbewertung bringt spezifische Herausforderungen mit sich, die weit über technische Aspekte hinausgehen:

Die Erklärbarkeit der Ergebnisse

Die größte organisatorische Herausforderung liegt in der mangelnden unmittelbaren Erklärbarkeit der Ergebnisse. Bei komplexen statistischen Modellen ist es kaum mit vertretbarem Aufwand möglich, jeden einzelnen Berechnungsschritt nachzuvollziehen.

Diese Intransparenz kann die Akzeptanz hemmen, insbesondere in einem so regulierten Bereich wie der Immobilienbewertung, wo Nachvollziehbarkeit gesetzlich vorgeschrieben ist. Deshalb werden KI-basierte Verfahren oft als Parallelverfahren eingesetzt: Die klassische Berechnung durch den Sachverständigen wird durch die KI-basierte Berechnung ergänzt, und der Experte gleicht die Ergebnisse ab.


Schulung und Weiterbildung

Die Nutzung KI-basierter Tools erfordert Schulung und kontinuierliche Weiterbildung. Anders als bei klassischer Software, bei der detaillierte Schulungen zum Erlernen aller Funktionen notwendig sind, sollten KI-Lösungen idealerweise selbsterklärend sein.

Die Schulung konzentriert sich daher weniger auf die Bedienung, sondern mehr auf das Verständnis der grundlegenden Funktionsweise und die Interpretation der Ergebnisse. Dies geschieht durch:

  • Veröffentlichung von Fachartikeln und Papers
  • Kundenspezifische Schulungen
  • Entwicklung selbsterklärender Benutzeroberflächen, die den Kontext der Bewertung visualisieren

Unterschiedliche Ressourcenanforderungen

Die Entwicklung und Wartung KI-basierter Systeme erfordert völlig andere Fachkräfte als traditionelle Bewertungssoftware:

  • Data Scientists: für die Entwicklung und Optimierung der Algorithmen
  • Data Engineers: für die Datenaufbereitung und -infrastruktur
  • Bewertungsspezialisten: als Experten, die das Fachwissen einbringen
  • Software-Entwickler: als Spezialisten, die den technischen Part der Produktumsetzung übernehmen

Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit stellt Organisationen vor die Herausforderung, neue Fachkräfte zu gewinnen und bestehende Mitarbeiter weiterzubilden.


Organisatorische Potenziale durch KI-Einsatz

Trotz aller Herausforderungen bietet der Einsatz von KI in der Immobilienbewertung erhebliche organisatorische Vorteile:

Erhöhte Markttransparenz

KI-basierte Bewertungsverfahren haben in den letzten Jahren zu einer enormen Steigerung der Transparenz im Immobilienmarkt geführt. Während die meisten Menschen früher kaum eine Vorstellung vom tatsächlichen Wert einer Immobilie hatten, können sie heute über verschiedene Plattformen schnell und einfach eine plausible Einschätzung erhalten.

Allein das Sprengnetter- AVM wurde im Jahr 2024 über 80 Millionen Mal aufgerufen – ein Beleg für die breite Nutzung und den Bedarf an solchen Lösungen.


Effizienzsteigerung für Sachverständige

Für Immobiliensachverständige bieten KI-Lösungen erhebliche Effizienzpotenziale:

  • Schnellere Ersteinschätzung: KI-Systeme können binnen Sekunden eine erste Bewertung liefern
  • Plausibilitätsprüfung: Vergleich der eigenen Bewertung mit dem KI-generierten Ergebnis
  • Bessere Vorbereitung: Mehr Informationen vor der eigentlichen Begehung
  • Informiertere Kunden: Sachverständige treffen auf besser informierte Kunden, was die Kommunikation erleichtert

Skalierbarkeit von Bewertungsdienstleistungen

Während traditionelle Bewertungen immer einen hohen manuellen Aufwand erfordern, ermöglichen KI-basierte Lösungen eine nie dagewesene Skalierbarkeit:

  • Massenhafte Bewertungen: Portfolio-Analysen mit tausenden von Immobilien werden möglich
  • Kontinuierliche Aktualisierung: Werte können monatlich oder sogar täglich aktualisiert werden
  • Kostengünstige Basisschätzungen: Für viele Anwendungsfälle reicht eine automatisierte Schätzung aus

Fazit: Der Weg zu einer erfolgreichen Implementation

Für eine erfolgreiche organisatorische Integration von KI in die Immobilienbewertung sind folgende Faktoren entscheidend:

  • Transparenz schaffen: Auch wenn die genauen Berechnungsprozesse komplex sind, sollten Unternehmen die grundlegenden Methoden und Benchmarks ihrer KI-Lösungen transparent machen.
  • Kontextualisierung der Ergebnisse: Statt nur einen Wert zu liefern, sollten KI-Lösungen den Kontext durch Vergleichsdaten, Heatmaps und statistische Spannbreiten verdeutlichen.
  • Kontinuierliche Validierung: Regelmäßige Überprüfung der Modelle gegen bekannte Daten zur Qualitätssicherung.
  • Ergänzung statt Ersatz: KI sollte als Ergänzung zur menschlichen Expertise positioniert werden, nicht als Ersatz.

KI wird die Organisation der Immobilienbewertung grundlegend verändern – nicht durch den Ersatz von Sachverständigen, sondern durch die Schaffung neuer Möglichkeiten und Effizienzsteigerungen, die allen Marktteilnehmern zugutekommen.