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ImmoWertV 2021 – Der (Baukosten-)Regionalfaktor im Sachwertverfahren


Mit der neuen ImmoWertV 2021 wird ab dem 01.01.2022 die Regionalisierung im Sachwertverfahren wiedereingeführt. Das bedeutet allerdings nicht, dass Sie auch ab dem 01.01.2022 im Sachwertverfahren immer eine Regionalisierung der Herstellungskosten vornehmen dürfen/müssen. In diesem Blogbeitrag wird der (Baukosten-)Regionalfaktor einmal näher beschrieben und dargestellt, was Sie ab dem 01.01.2022 bei der Anwendung des Sachwertverfahrens in Bezug auf den Regionalfaktor beachten müssen.


Regionalfaktor oder Baukostenregionalfaktor?

Die ImmoWertV 2021 nennt in § 36 Abs. 1 den Regionalfaktor, mit dem die durchschnittlichen Herstellungskosten zu multiplizieren sind. In Abs. 3 wird der Regionalfaktor als festgelegter Modellparameter zur Anpassung der durchschnittlichen Herstellungskosten an die Verhältnisse am örtlichen Grundstücksmarkt beschrieben. Es handelt sich also präziser um den Baukostenregionalfaktor, da es um die Anpassung an die örtlichen Baukosten geht und nicht um eine anderweitige Anpassung. Sowohl in der ImmoWertV als auch in der ImmoWertA wird jedoch der unspezifische Begriff „Regionalfaktor“ verwendet.


Ermittlung des (Baukosten-)Regionalfaktors

Eine konkrete Vorgabe zur Ermittlung des (Baukosten-)Regionalfaktors gibt es weder in der ImmoWertV, noch ist sie derzeit für die Anwendungshinweise zur ImmoWertV (ImmoWertA) vorgesehen. Da der (Baukosten-)Regionalfaktor von der datenableitenden Stelle als Modellparameter beliebig festgelegt werden kann, wird es deutschlandweit wohl auch keine einheitliche Vorgehensweise zur Ermittlung geben. Erste Rückmeldungen bestätigen, dass vielfach Gutachterausschüsse den (Baukosten-)Regionalfaktor einfach mit 1,00 festsetzen werden.

Der Baukostenregionalfaktor beschreibt das Verhältnis der durchschnittlichen Baukosten einer Region zu den bundesdurchschnittlichen Baukosten. Die Ausgangsdaten dazu können der Landes- und Bundesstatik entnommen werden. Es hat sich als sinnvoll herausgestellt, dass man die Ergebnisse über eine bestimmte Anzahl an Jahren mittelt, um die Schwankungen der Jahresergebnisse auszugleichen. Zudem sind die Baukosten auf Inseln i.d.R. deutlich höher als auf dem Festland, so dass Inselabspaltungen innerhalb eines Kreises die Baukostenunterschiede wirklichkeitsnäher wiedergeben. Darüber hinaus gibt es noch weitere Optimierungen, die von den unterschiedlichen Anbietern erprobt und auf Praxisrelevanz überprüft werden.


Zu niedrige NHK 2010 mittels Regionalfaktor anpassen?

Die NHK 2010 werden in der neuen ImmoWertV unverändert aus der Sachwertrichtlinie übernommen, was von allen Seiten kritisiert wurde. Selbst der Bundesrat forderte in einer Entschließung die Bundesregierung auf, dass die NHK 2010 zeitnah – spätestens bis Ende 2024 – zu überarbeiten sind. In der Marktwertermittlung spielen zu niedrige Normalherstellungskosten keine große Rolle, da über den Sachwertfaktor der Marktbezug wiederhergestellt werden kann. Es leidet dann maximal die Akzeptanz bei zu hohen Sachwertfaktoren. In der Beleihungswertermittlung und der Versicherungswertermittlung sieht die Lage etwas anders aus. Da gibt es enorme Probleme mit den offensichtlich zu niedrigen NHK 2010. Eine Marktanpassung über 1,00 ist i.d.R. nicht möglich, so dass die Beleihungswerte letztlich geringer ausfallen, als wenn mit wirklichkeitsnäheren Herstellungskosten gearbeitet werden würde. Von der Beleihungswertermittlung unabhängige Untersuchungen zeigen, dass die Baukosten für neuere Bauvorhaben über den Baupreisindex hinaus um weitere ca. 15 Prozent gestiegen sind. Da es keine Vorgaben zur Ermittlung der (Baukosten-)Regionalfaktoren gibt, könnten datenableitende Stellen also auch den Baukostenregionalfaktor um 15 Prozent anheben, um darüber die über den Baupreisindex (BPI) hinaus gestiegenen Baukosten zu berücksichtigen.

 
Der Regionalfaktor R würde sich demnach aus zwei Faktoren zusammensetzen:
 
R = R1 x R2
 
R1 = Baukostenregionalfaktor
 
R2 = pauschaler Faktor für die über den BPI hinaus gestiegenen Baukosten (z.B. 1,15 (=15%)
 

Beispiel 1: Der Sprengnetter Baukostenregionalfaktor (hier = R1) der Stadt Hagen beträgt 0,88. Daraus ergibt sich ein Regionalfaktor von: R = R1 x R2 = 0,88 x 1,15 = 1,01. Der Regionalfaktor liegt bei 1. D.h. die Sachwertfaktoren würden sich nicht durch die neue Methode ändern.

Beispiel 2: Der Sprengnetter Baukostenregionalfaktor (hier = R1) des Kreises Ahrweiler beträgt 0,99. Daraus ergibt sich ein Regionalfaktor von: R = R1 x R2 = 0,99 x 1,15 = 1,14. Der Regionalfaktor liegt 15% über dem Bundesdurchschnitt, was letztlich eine Reduzierung der Sachwertfaktoren zur Folge haben würde.

Die Vorteile dieser Variante – sofern sie auch von den Gutachterausschüssen mitgetragen würden – wären folgende:

  1.  Viele Gutachterausschüsse haben Akzeptanzprobleme im Sachwertverfahren mit den teils viel zu hohen Sachwertfaktoren. Selbst mit Baukostenregionalfaktoren kann das Problem nicht richtig gelöst werden. Mit angepassten und dadurch wirklichkeitsnäheren NHK würden die Sachwertfaktoren auf ein akzeptableres Niveau gebracht. Die neue ImmoWertV gibt den Gutachterausschüssen die Möglichkeit, die Regionalisierung nicht nur auf das Verhältnis „örtliches Baupreisniveau / bundesdurchschnittliches Baupreisniveau“ zu reduzieren, sondern zusätzlich auch auf die durch den BPI nicht abgedeckte Differenz zwischen NHK 2010 und reellen Baukosten.

  2. Mit diesen neuen 2-Komponenten-Regionalfaktoren könnte man auch in der Beleihungswertermittlung ohne Probleme arbeiten, da mit diesen letztlich die in § 16 BelWertV geforderten regionalen und objektspezifisch angemessenen Herstellungskosten ermittelt werden können. Der Anteil der Objekte mit positiver Marktanpassung würde (deutlich) sinken und die ermittelten Beleihungswerte steigen.


Anbieter von (Baukosten-)Regionalfaktoren

In der Baukostenliteratur finden sich eine Vielzahl an Anbietern, die sog. Regionalfaktoren (gemeint sind i.d.R. Baukostenregionalfaktoren) ermitteln und teils kostenfrei/teils kostenpflichtig anbieten. Bekannt sind u.a. die auf einem Modellvorschlag von Dr. Sprengnetter Ende der 90er Jahre von Prof. Mittag abgeleiteten und veröffentlichten Mittag-Regionalfaktoren sowie die ebenfalls auf dieser Methode beruhenden BKI-Regionalfaktoren, die seit 2006 jährlich vom BKI ermittelt und veröffentlicht werden. Sprengnetter hatte im Jahr 2015 die BKI-Regionalfaktoren nachgerechnet und festgestellt, dass es vielfach zu nicht veröffentlichten Datenmodifizierungen gekommen war. Eine plausible durchgängige Systematik ist bei der BKI-Methode nicht mehr zu erkennen, weswegen Sprengnetter seit 2016 wieder eigene (Baukosten-)Regionalfaktoren in einer verbesserten und transparent beschriebenen Methode ableitet und veröffentlicht. Neben den genannten gibt es auch noch weitere Anbieter von (Baukosten-)Regionalfaktoren, wie z.B. die SIRADOS-Ortsfaktoren.



Welcher (Baukosten-)Regionalfaktor muss im Sachwertverfahren angesetzt werden?

Da es sich bei dem (Baukosten-)Regionalfaktor um eine fixe und festgesetzte Modellgröße handelt, ist immer der (Baukosten-)Regionalfaktor im Sachwertverfahren anzusetzen, der auch bei der Ableitung der verwendeten Sachwertfaktoren angesetzt wurde.

Wird der (Baukosten-)Regionalfaktor von der den Sachwertfaktor ableitenden Stelle (z.B. dem örtlich zuständigen Gutachterausschuss) mit 1,00 festgesetzt, so ist im Sachwertverfahren unter Verwendung dieses vom örtlichen Gutachterausschuss abgeleiteten Sachwertfaktors auch genau dieser festgesetzte (Baukosten-)Regionalfaktor von 1,00 anzusetzen. Selbst dann, wenn der aus den Daten der amtlichen Landes- und Bundesstatistik abgeleitete (Baukosten-)Regionalfaktor eigentlich 0,90 beträgt.
 
 
WICHTIG: (Baukosten-)Regionalfaktor erst ansetzen, wenn Sachwertfaktoren unter Zugrundelegung von (Baukosten-)Regionalfaktoren abgeleitet wurden
 

Solange die datenableitende Stelle noch keine Sachwertfaktoren nach dem neuen Modell der ImmoWertV 2021 abgeleitet hat und demnach auch noch keinen (Baukosten-)Regionalfaktor in seiner Sachwertfaktor-Ableitung verwendet hat, ist der Verfahrens- und Marktwert modellkonform in dem „alten“ Modell zu ermitteln. Das sagt die neue ImmoWertV ausdrücklich in § 10 Abs. 2:

„Liegen für den maßgeblichen Stichtag lediglich solche für die Wertermittlung erforderlichen Daten vor, die nicht nach dieser Verordnung ermittelt worden sind, ist bei Anwendung dieser Daten im Rahmen der Wertermittlung von dieser Verordnung abzuweichen, soweit dies zur Wahrung des Grundsatzes der Modellkonformität erforderlich ist.“

 

Fazit und Ausblick

Auch wenn die neue ImmoWertV am 01.01.2022 in Kraft tritt, werden die ersten Gutachterausschüsse frühestens im Frühjahr entsprechend nach dem neuen Modell abgeleitete Sachwertfaktoren veröffentlichen, einige Gutachterausschüsse ggf. auch erst viel später. Wichtig war – und ist jetzt noch einmal mehr – stets das Kennen des Modells bzgl. der Ableitung des Sachwertfaktors über die von der datenableitenden Stelle zu veröffentlichende Modellbeschreibung. Da der (Baukosten-)Regionalfaktor von der den Sachwertfaktor ableitenden Stelle als Modellparameter (beliebig) festgesetzt werden kann, werden sicherlich viele Gutachterausschüsse von der Möglichkeit Gebrauch machen, den Regionalfaktor auf 1,00 festzusetzen. Für die Beleihungswertermittlung und auch für einige Gutachterausschüsse wäre die oben beschriebene Methode mittels 2-Komponenten-Regionalfaktor zielführend. Es bleibt letztlich abzuwarten, welche Vorgehensweise die Gutachterausschüsse favorisieren und ob es noch Empfehlungen zur Ermittlung der Regionalfaktoren über die Anwendungshinweise zur ImmoWertV geben wird, die in Kürze als dritter Entwurf der Fachwelt zwecks Stellungnahme veröffentlicht werden soll.
 

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